Kurse von Aktien und anderen Anlageinstrumenten verlaufen in mehrjährigen Zyklen, die aus Aufschwüngen und Abschwüngen bestehen. Eine Phase, in der es zu größeren Kursverlusten kommt, wird als Bärenmarkt bzw. Baisse (französich für Rückgang, Abnahme) bezeichnet. In diesem Artikel klären wir, was ein Bärenmarkt bzw. eine Baisse ist, woran man diese(n) erkennen kann, weshalb man als Trader oder Privatanleger keine Angst vor Bärenmärkten haben muss, und wie man einen Bärenmarkt frühzeitig erkennen kann um davon zu profitieren. Außerdem werfen wir einen Blick auf die Bärenmärkte der Vergangenheit.
Was ist ein Bärenmarkt (eine Baisse)?
Der Begriff Bärenmarkt bzw. Baisse kennzeichnet eine Periode, in der es zu starken Kursverlusten in einer Assetklasse oder einem Finanzinstrument kommt. Es gibt keine allgemeingültige Definiton, ab wann sich ein Markt in einer Baisse befindet – typischerweise hat sich ein Rückgang von mindestens 20% vom Hochpunkt als Faustregel etabliert.
Meist ist von einem Bärenmarkt die Rede in Zusammenhang mit Aktienindizes; aber auch Kursverluste in Rohstoffen, einzelnen Aktien und anderen Finanzinstrumenten werden teilweise als Bärenmarkt bezeichnet.
Kommt es zu einer Baisse an den Aktienmärkten, so geht diese häufig einher mit einem allgemeinen Pessimismus und/oder einer Rezession.
In diesem Artikel beschränken wir uns auf den Begriff Bärenmarkt, in Zusammenhang mit Aktienmärkten bzw. Aktienindizes.
Woran erkennt man einen Bärenmarkt?
Bärenmärkte weisen einige typische Merkmale auf. Kennt man diese Merkmale und weiß man worauf es zu achten gilt, so kann man einen Bärenmarkt relativ gut erkennen. Neben der Frage, wie viele Prozentpunkte ein Markt gefallen ist, sollte man sich noch auf weitere Dinge konzentrieren und diese in seine Handelsentscheidungen miteinbeziehen.
Um ein besseres Verständnis für die verschiedenen Marktphasen zu bekommen, besprechen wir die 20% Regel, weitere Methoden zur Bestimmung der Marktphase, sowie typische Merkmale von Bärenmärkten.
Die 20 Prozent Regel
Die oben angesprochene Faustregel – ich nenne sie hier die „20% Regel“ – ist weit verbreitet und insbesondere Medien beziehen sich häufig auf die 20% Regel. Fällt ein Markt von einem lokalen Hochpunkt um 20% oder mehr, so befindet dieser sich laut landläufiger Meinung im „Bären-Terretorium“.
Als grober Anhaltspunkt ist die 20% Regel durchaus sinnvoll. Allerdings sollte man sich nicht alleine darauf konzentrieren, bei der Frage, ob wir in einer Baisse sind. Insbesondere sollte man Handelsentscheidungen nicht alleine davon abhängig machen, ob ein Markt nun 19% oder 21% gefallen ist.
Kritik an der 20 Prozent Regel
Beschränkt man sich auf die 20% Regel, so tauchen einige Probleme auf:
- Welcher Aktienindex wird verwendet
- Sollte nur einer oder mehrere Indizes beobachtet werden
- Indizes sind unterschiedlich volatil
- zeitliche Ausdehnung spielt ebenfalls eine Rolle
- Index ist nicht immer ideal geeignet um den breiten Markt widerzuspiegeln
- Trend/Markttechnik sollte berücksichtigt werden
Bei der Frage, welcher Index beobachtet werden soll, herrscht in der Regel Übereinstimmung. So ist der S&P 500 die Benachmark für den amerikanischen Aktienmarkt; in Deutschland ist dies der DAX.
Allerdings taucht hier schon das erste Problem auf. Der DAX ist ein sogenannter Performanceindex – d.h. der Kurs beinhaltet Dividendenzahlungen – während der S&P 500 ein Kursindex ist (Dividenden nicht enthalten). Um die tatsächliche Performance des S&P 500 zu untersuchen verwenden daher einige Analysten den S&P 500 Total Return Index, andere den S&P 500 Index.
Trotzdem sind Leitindizes verschiedener Länder häufig grundsätzlich unterschiedlich volatil. D.h. der Index eines Landes kann eine höhere Schwankungsbreite haben als der Index eines anderen Landes. Weshalb sollte man dann in beiden Fällen 20% als „Bärenmarkt-Grenze“ verwenden?
Kommt es zu sehr schnellen und starken Kursanstiegen, ist eine größere Korrektur ebenfalls nicht ungewöhnlich und geschieht mitunter auch sehr schnell. Einem „wirklichen“ Bärenmarkt geht in der Regel aber eine Distributionsphase (Umverteilungsphase) voran, in welcher der Markt ein Top bildet und anschließend einen deutlich erkennbaren markttechnischen Abwärtstrend ausbildet. Dies dauert meist einige Monate. Bei der bloßen Beschränkung auf die 20% Regel, findet dieser Umstand ebenfalls keine Würdigung.
Korrektur oder Bärenmarkt?
Bei Kursrückgängen stellt sich also die Frage: Befinden wir uns in einer Korrektur oder bereits in einem Bärenmarkt? Eine weitere Faustregel sagt: Kursrückgänge von 10% – 20% werden als Korrektur bezeichnet.
Der Begriff „Korrektur“ wird hier in einem anderen Zusammenhang verwendet, als dies Anhänger der Dow Theorie oder der Markttechnik tun. Letztere konzentrieren sich auf den Trendverlauf, statt auf die Prozentpunkte.
Die „10% Regel“ ist allerdings ebenfalls grob vereinfachend, weshalb wir nachfolgend etwas tiefer in die Materie eintauchen:
Merkmale von Bärenmärkten
- Aktienindizes verbuchen starke Kursverluste (Large Caps, Mid Caps, Small Caps).
- Der gesamte Markt (der breite Markt) ist betroffen – nicht nur einige Indizes oder Branchen.
- Vor Beginn eines Bärenmarktes kommt es zu einer Distributionsphase. Hier finden Abverkäufe unter hohem Volumen statt.
- Charttechnisch ist die Distributionsphase an einer Top-Bildung zu erkennen.
- Ein Bärenmarkt zeigt einen klaren charttechnischen primären Abwärtstrend (siehe Dow Theorie).
- Das Unterschreiten der 200er gleitenden Durchschnitte auf Tages- und Wochenbasis sind oft (frühe) Warnsignale.
- Während der Distributionsphase zeigen defensive Marksektoren relative Stärke, offensive Marktsektoren zeigen relative Schwäche.
- Der Beginn eines Bärenmarktes ist ein guter Frühindikator für eine Rezession.
- Während der Rezession beginnen die Aktienmärkte schon wieder zu steigen.
- Bärenmärkte werden begleitet von „medialer Weltuntergangs-Stimmung“.
- Risikoreiche Anlageklassen werden grundsätzlich gemieden, werden „sichere Häfen“ profitieren.
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