IV Rank (Implied Volatility Rank)

IV Rank (Implied Volatility Rank)

aktualisiert am: Dezember 17, 2022

Autor: TOBIAS SCHMID | Trader / Anleger / Börsenexperte

aktualisiert am: Dezember 17, 2022

Autor: TOBIAS SCHMID | Trader / Anleger / Börsenexperte

Die implizite Volatilität (kurz: IV) ist für Optionshändler eine der wichtigsten Kennzahlen. Der Einfluss der impliziten Volatilität auf den Optionspreis wird von unerfahrenen Tradern häufig unterschätzt. Um eine Aussage über das aktuelle Niveau der IV einer Option treffen zu können, muss dieses ins Verhältnis zu historischen Werten gesetzt werden. Optionshändler nutzen hierfür oft die beiden Metriken IV Rank und IV Percentile. In diesem Artikel erfährst Du, was der IV Rank (Implied Volatility Rank) ist, wie der IV Rank berechnet wird und welchen konkreten Nutzen Dir der IV Rank im Optionshandel verschafft.

IV Rank
Die Analyse des IV Ranks gehört für Optionshändler zum Alltag

Was ist der IV Rank?

Der Implied Volatility Rank – kurz: IV Rank – ist eine Kennzahl im Optionshandel, die ausdrückt, wie hoch das aktuelle Volatilitätsniveau bzw. der aktuell Volatilitätsindex (IV Index) eines Underlyings ist, im Vergleich zu dem höchsten und tiefsten Wert eines bestimmten Zeitraums (häufig der letzten 12 Monate). Der IV Rank bewegt sich dabei von 100 % bis 0 %, wobei 100 % den höchsten Wert darstellt und 0 % den tiefsten Wert.

Einfach ausgedrückt:
Wenn die implizite Volatilität (IV) heute auf dem höchsten Stand der letzten 12 Monate ist, beträgt der IV Rank 100 %. Ist die IV auf dem tiefsten Stand der letzten 12 Monate, so beträgt der IV Rank 0 %. Befindet sich das aktuelle Volatilitätsniveau genau in der Mitte zwischen dem höchsten und dem tiefsten Wert, so beträgt der IV Rank 50 % etc.

Berechnung des IV Ranks

Die Formel zur Berechnung des IV Ranks lautet:

(IVX aktuell – IVX 52 Wochen-Tief) / (IVX 52 Wochen Hoch – IVX 52 Wochen Tief)

Erklärung der Formel

Im Nenner der Formel wird das 52 Wochen Tief vom 52 Wochen Hoch subtrahiert. So wird die Range ermittelt, innerhalb derer sich alle gemessenen Werte befinden.

Nun wird ermittelt, wie weit der aktuelle Wert vom tiefsten Wert entfernt ist. Das Ergebnis wird anschließend durch die zuvor ermittelte Range dividiert, um zu ermitteln, auf welchem Niveau sich der aktuelle Wert innerhalb der Range befindet.

Beispiel:

Der aktuelle IV Index (kurz: IVX) einer Aktie beträgt 54. Der höchste Wert der letzten 12 Monate beträgt 74, der tiefste Wert beträgt 29.

IVX aktuell = 54
IVX 52 Wochen Hoch = 74
IVX 52 Wochen Tief = 29

IV Rank = (IVX aktuell – IVX 52 Wochen-Tief) / (IVX 52 Wochen Hoch – IVX 52 Wochen Tief)
IV Rank = (54 – 29) / (74 – 29)
IV Rank = 25 / 45 = 0.56
IV Rank = 56 %

Key Takeaways

  • Die implizite Volatilität spielt beim Optionshandel eine sehr wichtige Rolle.
  • Der IV Rank misst das aktuelle Volatilitätsniveau im Vergleich zu den historischen Werten der letzten 12 Monate (oder einem anderen Zeitraum).
  • Ein hoher IV Rank begünstigt Strategien, die auf dem Verkauf von Optionen beruhen, während bei einem niedrigen IV Rank Strategien die auf dem Kauf von Optionen beruhen erfolgsversprechender sind.
  • Neben dem IV Rank wird das IV Percentile verwendet.

So nutzt Du den IV Rank im Optionshandel

Um den Nutzen des IV Ranks bzw. den Nutzen der Analyse der impliziten Volatilität im Allgemeinen zu verstehen, musst Du Dir einerseits bewusst sein, wie sich die IV langfristig entwickelt, andererseits musst Du erkennen, wie groß der Einfluss der impliziten Volatilität auf den Optionspreis ist.

Die langfristige Entwicklung der Volatilität (Reversion To The Mean)

Eines der wenigen Dinge an der Börse, die man mit 100 % Sicherheit vorhersagen kann, ist:

Die Volatilität kehrt immer zu ihrem Mittelwert zurück.

Während beispielsweise eine Aktie kontinuierlich ansteigen kann und “alte” Kurse in der Zukunft möglicherweise nie wieder gehandelt werden, kann die Volatilität nicht kontinuierlich ansteigen. 

Es kann zwar kurzzeitig einen extremen Volatilitätsanstieg geben und die Volatilität kann auch über einen längeren Zeitraum auf einem überdurchschnittlich hohen Niveau bleiben; dennoch kehrt die Volatilität (die historische Volatilität ebenso wie die implizite Volatilität) früher oder später zu ihrem Mittelwert zurück. Dies ist in der Funktionsweise der Märkte begründet.

Eine alte Börsenweisheit besagt:
Auf niedrige Volatilität folgt hohe Volatilität und auf hohe Volatilität folgt niedrige Volatilität.

Mit diesem Wissen scheint es logisch, dass Optionshändler in einem Umfeld hoher impliziter Volatilität darauf setzen, dass die IV “früher oder später” zu ihrem Mittelwert zurückkehren wird und daher Optionsstrategien wählen, die von einem Rückgang der Volatilität profitieren. Dies sind primär Strategien, die auf dem Verkauf von Optionen basieren bzw. Stillhalterstrategien. In der Sprache der Optionshändler heißt das: Strategien mit einem Short Vega.

Der Einfluss der IV auf den Optionspreis

Der Optionspreis wird von folgenden vier Faktoren beeinflusst:

  • Kurs des Underlyings
  • Zeitwert / Zeitwertverfall
  • implizite Volatilität
  • Zinsen

Professionelle Optionshändler wissen, wie stark sich eine Veränderung der impliziten Volatilität auf den Optionspreis auswirken kann, weshalb die Analyse der IV zum Tagesgeschäft eines jeden Optionshändlers gehört.

Es kommt nicht selten vor, dass eine starke Bewegung der IV den Optionspreis stärker beeinflusst, als eine große Kursbewegung im Underlying.

Der Einfluss der IV auf den Optionspreis wird durch die Kennzahl Vega zum Ausdruck gebracht.

Beispiel

Das nachfolgende Beispiel zeigt die Optionskette der Put-Optionen auf den Crude Oil WTI Future. Markiert ist der 57er Put und zu sehen sind u.a. die sog. Options-Griechen Delta, Vega und Theta.

Optionskette der Crude Oil WTI Optionen  - IV Rank
57er Put auf den Crude Oil Future mit einem Vega von 0.063

In der rosa Spalte ist zu sehen, dass das Vega des 57er Put den Wert 0.063 besitzt. In der zweiten Spalte von links sehen wir, dass die IV aktuell bei ca. 54 % liegt.

Der Optionspreis liegt bei 1.21, was 1210 USD entspricht (Multiplikator der Crude Oil Optionen = 1000)

Nehmen wir nun an, dass die IV um 10 Prozentpunkte ansteigt oder fällt und der Kurs des Futures sich nicht verändert.

Dies entspricht:

10 Punkte x 0.063 = 0.63

Multipliziert mit dem Multiplikator 1000 der Crude Oil Optionen entspricht dies einer Wertveränderung von 630 USD, was ungefähr 50 % des Optionspreises sind.

Dieses Beispiel zeigt, wie stark sich Veränderungen der impliziten Volatilität auf den Optionspreis auswirken können. Die angenommenen 10 Prozentpunkte sind dabei durchaus realistisch, während der “Lebenszeit” der Option.

Die Wahl der richtigen Optionsstrategie auf Basis des IV Ranks

Die beiden vorangegangenen Abschnitte haben deutlich gemacht, weshalb Du beim Handel von Optionen keinesfalls die IV außer Acht lassen solltest. Hierfür ist der IV Rank (ebenso wie das IV Percentile) das ideale Werkzeug.

Bei einem niedrigen IV Rank sollten Optionsstrategien gewählt werden, die von einem Anstieg der IV profitieren. Dies sind Strategien, die auf dem Kauf von Optionen beruhen, wie bspw. der Kauf einzelner Optionen, ein Long Straddle, Debit Spreads und einige weitere Spreads.

Bei einem hohen IV Rank sollten Optionsstrategien gewählt werden, die von einem Rückgang der IV profitieren. Dies sind Strategien, die auf dem Verkauf von Optionen beruhen wie bspw. Short Call, Short Put, Bear Call Spread, Bull Put Spread, Butterfly Spread und einige weitere.

Hier findest Du eine Übersicht aller Optionsstrategien.

Dabei siehst Du in der Tabelle unter dem jeweiligen GuV Diagramm, ob die Strategie eine Long Vega oder eine Short Vega Strategie ist.

FAQ – Häufig Fragen zum IV Rank

Der Implied Volatility Rank – kurz: IV Rank – ist eine Kennzahl im Optionshandel, die ausdrückt, wie hoch das aktuelle Volatilitätsniveau bzw. der aktuell Volatilitätsindex (IV Index) eines Underlyings ist, im Vergleich zu dem höchsten und tiefsten Wert eines bestimmten Zeitraums (häufig der letzten 12 Monate). Der IV Rank bewegt sich dabei von 100 % bis 0 %, wobei 100 % den höchsten Wert darstellt und 0 % den tiefsten Wert.

Der IV Rank signalisiert, ob sich die implizite Volatilität einer Option aktuell auf einem hohen Niveau oder auf einem niedrigen Niveau befindet. Die Analyse der IV ist entscheidend für die Wahl der richtigen Optionsstrategie.

Der IV Rank misst den höchsten und tiefsten Wert für einen gewissen Zeitraum und kalkuliert anschließend, auf welchem Niveau sich der aktuelle Wert innerhalb dieser Range befindet. Das IV Percentile gibt an, an wie viel Prozent der Tage des gewählten Zeitraums die Volatilität (bzw. der IVX) höher oder tiefer war.

Der IV Index (kurz: IVX) ist eine Art Durchschnittswert der impliziten Volatilitäten aller Optionen auf ein Underlying. (Jeder Basispreis hat eine andere IV.) Wenn man von “der” IV eines Underlyings spricht, ist damit in der Regel der IV Index gemeint. Der IV Rank setzt den aktuellen IVX ins Verhältnis zu historischen Werten und gibt Auskunft darüber, ob der aktuelle Wert sich auf einem relativ hohen oder relativ niedrigen Niveau befindet.

Grundsätzlich sollten Optionsstrategien, die auf dem Verkauf von Optionen beruhen, bei möglichst hohen IV-Werten bzw. hohen IV Ranks gehandelt werden. Es gibt hierfür zwar keine Faustregel, jedoch kann man sagen: Je höher, desto besser. IV Ranks über 50 % sind in den meisten Fällen hoch genug für den Optionsverkauf. Abhängig von der Strategie kann auch ein IV Rank von 35-50 % schon ausreichend sein.

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2 Gedanken zu „IV Rank (Implied Volatility Rank)“

  1. Zitat: „Der aktuelle IV Index (kurz: IVX) einer Aktie beträgt“ – was soll das denn sein?
    Es gibt nur einen Volatilitätsindex (VIX) und wie der Name INDEX schon sagt, misst dieser die Volatilität der Optionen im S&P, wenn ich mich nicht irre.

    Antworten
    • Hallo,
      grundsätzlich lässt sich für jedes Underlying, für das Optionen gehandelt werden, ein IV-Index berechnen. Der IV-Index ist dabei eine Art gewichteter Durchschnittswert der impliziten Volatilitäten auf dieses Underlying. Da es Optionen auf Aktien, Indizes, Futures und ETFs gibt, lässt sich auch für all diese Underlyings ein Implied Volatility Index berechnen. Der IV-Index wird teilweise auch nur als IV bezeichnet.

      Der VIX ist der IV-Index des S&P 500 Index. Du hast recht, dass dieser oft als DER Volatilitätsindex bezeichnet wird. Aber wie gesagt: Es gibt sehr viel mehr Volatilitätsindizes. Manche werden auch als „offizielles“ Underlyings von Börsen berechnet und veröffentlich, wie bspw. der OVX o.ä. Andere werden von versch. Softwares oder Anbietern wie ivolatility zur Verfügung gestellt.

      Antworten

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